Rundstrahler vs. Direktstrahler
Direktstrahler trifft man bei Lautsprecherboxen mit Abstand am häufigsten an. Hier sind Bässe, Mittel- und Hochtöner an der Vorderseite der Boxen montiert und strahlen das Klangspektrum auf den Hörplatz hin ab. Es gibt aber auch ander Lautsprecher wie Dipole, Bipole, Radial-Systeme und welche mit Diffusorkegel. Letzteren gemeinsam ist eine Abstrahlung des Hochtons nach mindestens zwei seiten, also eigentliche Rundstrahler. Was steckt dahinter?
24.05.2022
Grundsätzlich ist die Annahme falsch, dass ein Direktstrahler nur auf den Hörplatz gerichtet Musik abstrahlt. Das gilt in erster Linie für den Hochtonbereich, der je nach Typ und Machart des Hochtöners mehr oder weniger stark gebündelt auf den Hörplatz strahlt. Manchmal führt ein Einwinkeln der Lautsprecherboxen auf die Hörposition sogar zu einer hörbar besseren Präsenz, was letztlich auf eine eher starke Bündelung im Hochton schliessen lässt. Man sitzt dann im Sweet-Spot der Lautsprecher am idealen Hörplatz. Der Grundton- und Bassbereich hingegen ist rund um den Lautsprecher nahezu gleich. Also wird in tieferen Frequenzbereichen auch ein Direktstrahler letztlich zum Rundstrahler. Werden nun solche Lautsprecher näher an eine Wand platziert, wird die reflektierte Energie im Grundtonbereich gewichtiger. Je kleiner ein Wohnraum ist, desto mehr wird unerwünschter Grundton von den Wänden auf den Hörplatz zurückgeworfen. Dies hat letztlich eine Überhöhung im unteren Frequenzspektrum zur Folge und führt gleichermassen zu einer dumpf wirkenden Musik-Wiedergabe.
Direktstrahler werden aus diesem Grunde für eine empfohlene Distanz vor einer Wand abgestimmt. Die zu erwartende Überhöhung im Grundtonbereich durch Wand-Reflexionen wird durch eine entsprechende Anhebung im Hochtonbereich mit dem Direktschall kompensiert. Diese Marken-spezifische Abstimmung führt zu einer Verfärbung im hör-relevanten Direktschall, was gemeinhin als Charakteristik umschrieben wird. Einige bevorzugen eine eher helle Abstimmung für Jazz und Rock, andere wiederum eine gedrungene für Vocal und Klassik. Es ist und bleibt aber ein Kompromiss, begrenzt die Stimmigkeit für gewisse Stilrichtungen und führt nicht zu einer ganzheitlichen, homogenen oder authentischen Musik-Wiedergabe.
Wenn wir den Raum also schon nicht ausklammern können, müssen wir den Raum eben mit einbeziehen. Eine sehr dienliche Lösung hierfür ist das Rundstrahl-Prinzip. So gibt es etliche Hersteller, die für ihre oberen Modell-Linien auf sogenannte Dipole, Bipole oder radiale Hochton-Systeme aufbauen. Bei den Symphony Lautsprechern von ROWEN beispielsweise ist das der voll bipolare Aufbau.
Rundstrahler strahlen wie der Name schon sagt rundum ab. Also wird zur Rückwand hin nicht nur der Grundton und Bass, sondern eben auch der Hochton wiedergegeben. So wird das komplette Frequenzspektrum, kurz verzögert von der Rückwand reflektiert auf die Hörposition zurückgeworfen. Der Vorteil liegt darin, dass nicht der Eindruck eines dumpfen Klangbilds entsteht, so wie das bei einem Direktstrahler bei wandnaher Platzierung typischerweise der Fall ist. Also braucht es bei einem Rundstrahler auch keinerlei Kompensation im Hochtonbereich. Dies wiederum hat zum Vorteil, dass weniger Verfärbungen den Klang trüben und mitunter die räumliche Wahrnehmung deutlich besser wird. Je neutraler und homogener die Musik im hörtechnisch wichtigen Direktschall wiedergegeben wird, desto besser die Ortung einzelner Instrumente und die dreidimensionale Abbildung der Aufnahme wird im Wohnraum erlebbar.
Ebenfalls eine sehr geeignete Lösung sind sogenannte Wand- oder Einbaulautsprecher. Bei einer Wiedergabe quasi in Linie mit der Rückwand wirkt diese nicht mehr als Reflektor, sondern verstärkt lediglich den Tiefton. Das hat ganz nebenbei zur Folge, dass relative kleine Lautsprecher mit einem recht verblüffenden Bassbereich aufwarten können. Jedenfalls müssen solche Einbau- oder Wandlautsprecher nicht wie typische Lautsprecherboxen für den Direktschall im Hochton kompensiert werden, was ein sehr homogenes und räumliches Klangbild ermöglicht.